Geplantes Stufenmodell zur Aufteilung der CO2-Kosten ist an der Praxis vorbeigedacht
Seit 2021 wird für die Emissionen von Kohlendioxid in Deutschland ein Preis von 30 Euro pro Tonne CO2 erhoben, welcher sukzessive bis zu 55 Euro im Jahr 2025 steigen wird.
Patrick Stöben meint, das geplante Stufenmodell für Wohngebäude könnte sich in der Praxis als Trugschluss erweisen.
Die grundsätzliche Idee der CO2-Kosten besteht darin, bei der Stromversorgung, der Mobilität und beim Heizen einen Anreiz zu schaffen, alternative klimafreundliche Energieträger zu nutzen oder aber die CO2-Emissionen zu reduzieren: Wer also viel verbraucht, soll auch viel zahlen. Ergo erhofft man sich als ‚Erziehungseffekt’, dass erhöhte Kosten einen geringeren Verbrauch zur Folge haben. Sparsame Nutzung der Heizenergie wird belohnt, erhöhter Verbrauch hingegen soll mit spürbar vermehrten Kosten verbunden sein.
Bei einem Mietverhältnis müssen Mieter die zusätzlichen CO2-Kosten zuzüglich der Mehrwertsteuer für ihren Heizbedarf bisher allein tragen. Um eine ‚faire’ Kostenverteilung zwischen Mietern und Vermietern zu erreichen, haben sich die Minister und Ministerinnen der drei Bundesministerien für Wirtschaft, Bau und Justiz auf ein 10-stufiges Modell geeinigt. Mit diesem Stufenmodell sollen die Mehrkosten der CO2-Emissionen anteilig auf Mieter und Vermieter umgelegt werden. Heißt: je schlechter die Energiebilanz eines Gebäudes, desto höher ist der prozentuale Kostenanteil für den Vermieter.
Hat eine Wohnung zum Beispiel eine besonders schlechte Energiebilanz von mehr als 52 kg CO2/(m2 ∙ a) muss der Vermieter 90 % und der Mieter 10 % der CO2-Kosten übernehmen. Ist das Gebäude emissionsarm und entspricht mindestens dem Standard Effizienzhaus 55 (das Gebäude verbraucht nur 55 % der Energie eines Standardgebäudes), entfällt eine Kostenbeteiligung des Vermieters komplett (bei weniger als 12 kg CO2/(m2 ∙ a)). Welche Einstufung die jeweilige Mietwohnung hat und welche Mehrkosten sich daraus ergeben, soll aus der Heizkostenabrechnung hervorgehen, so berichten die drei Ministerien in ihrem gemeinsamen Pressestatement.
Einer Einschätzung des Mieterbundes zufolge, hat ein Musterhaushalt in einer unsanierten Wohnung bisher Mehrkosten von jährlich bis zu 130 Euro bei Gas und 190 Euro bei Heizöl. Diese Kosten werden bis 2025 sogar auf 238 Euro bei Gas und 350 Euro bei Heizöl steigen.
Das Vergleichsportal Check24 hat berechnet, dass Mieter bei einem Verbrauch von 20.000 kWh Gas um bis zu 150 Euro im Jahr entlastet werden könnten. Momentan müssten Mieter bei einem CO₂-Preis von 35 Euro pro Tonne die volle CO₂-Abgabe in Höhe von 166,60 Euro zahlen. Bei einer energetisch schlecht sanierten Immobilie müssen sie gemäß dem geplanten Stufenmodell bei gleichem Verbrauch nur zehn Prozent, also 16,66 Euro für die CO₂-Abgabe zahlen. Durch die sukzessive Erhöhung der CO₂-Abgabe würden sich diese Kosten bis 2025 bei 55 Euro/Tonne auf 261,80 Euro erhöhen. Dann läge der zu zahlende Anteil für den Mieter in einer schlecht sanierten Immobilie bei 26,18 Euro, was einer Entlastung von 236 Euro im Jahr entspräche.
„Mit ihrem Stufenmodell für Wohngebäude plant die Ampel-Koalition, die Kosten für die Mieter zu reduzieren. Das könnte sich in der Praxis schnell als Trugschluss erweisen“, befürchtet Patrick Stöben, geschäftsführender Gesellschafter der OTTO STÖBEN GmbH. „In der Phase der allgemeinen Teuerungen und derzeit kaum verfügbarer Modernisierungskapazitäten durch Liefer- und Materialengpässe im Bausektor werden viele Eigentümer die zu erwartenden Kosten vorwegnehmen und auf die Kaltmiete aufschlagen. Das trifft dann alle Mieter und dabei besonders diejenigen, die jetzt schon wenig heizen. Ob das dann ‚fair’ ist, sei einmal dahingestellt.“
Des Weiteren gibt Patrick Stöben zu bedenken: „Sollten Eigentümer die staatlich gewünschten Modernisierungen ihrer Gebäude umsetzen, könnte sich die vermeintliche Kostenentlastung für die Mieter als Trojanisches Pferd herausstellen: Die noch höheren anteiligen Kosten der Modernisierung werden dann auch auf alle Mieter umgelegt!“
Diese Regelung gilt zunächst nur für Wohngebäude. Gewerbegebäude fallen noch nicht darunter. Hier sollen die Kosten anteilig zur Hälfte von beiden Seiten übernommen werden – sofern vertraglich nichts anderes vereinbart. Allerdings sollen Nichtwohngebäude zu einem späteren Zeitpunkt auch über das Stufenmodell laufen, wenn dazu die nötigen Daten zur Berechnung bereitgestellt werden können.
Es ist geplant, dass das Stufenmodell ab 2023 gilt. Zunächst müssen die Pläne noch das Kabinett und den Bundestag passieren.