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Erbpacht – bleiben oder weichen?

Patrick Stoeben mittelPressemitteilung OTTO STÖBEN 01.02.2019 – Tipps vom Immobilienprofi

Rund um Haus- und Grundeigentum gibt es eine Vielzahl komplizierter Sachverhalte, Regelungen und Entwicklungen, die es dem Laien nicht gerade einfach machen, immer die richtige Entscheidung zu treffen. In loser Folge geben Ihnen die Fachleute von OTTO STÖBEN unter der Rubrik „Tipps vom Immobilienprofi“ Hinweise, die Ihnen helfen sollen, Fehler und Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

Die steigenden Grundstückspreise bereiten in jüngster Zeit vielen Erbbaurechtnehmern Kopfzerbrechen. Viele der damit zusammenhängenden Verträge werden in den kommenden Jahren auslaufen. Die neuen Erbpachtzinsen erfahren dann eine extreme Preiserhöhung. Dies ist dem Laufe der Zeit geschuldet, viele Erbpachtverträge stammen noch aus der Vor- und Nachkriegszeit. Die Kommunen passen nun die Pacht an die jetzigen Grundstückswerte an und erhöhen den Erbbauzins 4 Prozent des Bodenrichtwertes bei einer Verlängerung des Erbbaurechtsverhältnisses für einen Zeitraum von 30 bis 99 Jahren. Für viele Erbbaurechtnehmer hat dies nun existenziell bedrohliche Folgen. In Einzelfällen kann die Preiserhöhung das 60-fache betragen, so dass für eine ursprünglich monatliche Pacht z. B. von 10 Euro nun auf einmal satte 600 Euro anfallen.

Das Erbbaurecht bietet schon seit gut 100 Jahren die Möglichkeit, das Eigentum eines Grundstückes von dem Eigentum der darauf stehenden Gebäude bzw. zu errichtenden Immobilien zu trennen. Die Erbpacht sollte Menschen, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, ein Haus zu bauen, trotzdem die Möglichkeit dazu geben. Der Eigentümer des Grundstückes (Erbbaurechtgeber) räumt einem Erbbaurechtnehmer das Recht zur Bebauung des Grundstückes ein, so dass dieser der alleinige Eigentümer des Gebäudes wird. Diese Aufspaltung ist auf allen Grundstücken möglich und unabhängig davon, ob die Gebäude auf dem Grundstück privat oder gewerblich genutzt werden. Der Erbbaurechtnehmer zahlt für die Nutzung des Grundstücks einen Erbbauzins, der in der Regel jährlich drei bis sechs Prozent des Grundstückswertes beträgt. Dieser Zins steigt gemäß einer Wertsicherungsklausel in der Regel im Laufe der Jahre.

Überwiegend bieten Kommunen, Kirchen oder Stiftungen Grundstücke im Erbbaurecht an, in zunehmendem Maße auch Unternehmen und private Investoren, die Grundstücke aufkaufen, um sie im Anschluss im Erbbaurecht wieder zu veräußern.

Entsprechend der Bedürfnisse beider Vertragspartner hat sich, insbesondere bei Erbbaurechten zur Errichtung von Eigenheimen, eine Dauer von 75 bis 99 Jahren als üblich herausgebildet. Durch die lange Dauer ist einerseits gewährleistet, dass sich die Errichtung des Bauwerks für den Erbbaurechtnehmer und dessen Familie auch rentiert, andererseits stellen Banken für die Errichtung eines Gebäudes in der Regel nur dann Darlehensmittel zur Verfügung, wenn ihnen eine langfristige Sicherheit geboten wird.

Die Erbbaurechtsverträge können vererbt, beliebig oft verlängert bzw. erneuert werden. Erbbaurechtnehmer haben annähernd dieselben Rechte wie Grundstückseigentümer. Sie können die auf dem Grundstück errichtete Immobilie selbst nutzen, vermieten und verkaufen. Gegen einen Verkauf kann sich der Erbbaurechtgeber nur zur Wehr setzen, wenn der Käufer die Verpflichtungen aus dem Erbbaurechtsvertrag, vor allem die Zinszahlung, nachweislich nicht erfüllen kann.

Vorsicht ist geboten, wenn man in laufende Erbbauverträge einsteigen möchte. Hier muss die Restlaufzeit im Blick behalten werden - je kürzer diese ist, desto schwieriger gestaltet sich die Veräußerung der Immobilie.

Wichtig ist vor allem, wer als Erbbaurechtsgeber fungiert: Kirchliche Organisationen, Kommunen oder Stiftungen stimmen in der Regel einer Vertragsverlängerung zu. „In Zeiten von leeren öffentlichen Kassen wird von den Gemeinden meistens nicht ein Auslaufen des Erbbaurechtvertrages erwogen – dann müssten sie nämlich den Wert der Gebäudesubstanz zu einem gewissen Grad (je nach Vertragsgestaltung) dem Erbbaurechtnehmer ausbezahlen („Heimfall"). Das wird in der Regel nicht gewünscht.

Privatpersonen und Immobiliengesellschaften als Grundstückseigner haben hingegen oftmals die Absicht, das Grundstück nach Vertragsende zu verwerten.

Nach Ablauf des Vertrages geht das auf dem Grundstück stehende Gebäude zu den vereinbarten Vertragsbedingungen in das Eigentum des Erbbaurechtgebers über. Der Erbbaurechtnehmer erhält auf die ihm zuvor gehörten Gebäude eine Entschädigung von zwei Dritteln des Verkehrswertes.

Nun sollte man meinen, dass die Erbpacht eine interessante Möglichkeit ist, sich ein Eigenheim leisten zu können. In Zeiten niedriger Zinsen für Baufinanzierungen von unter zwei Prozent will das aber genau überlegt sein. Am zu entrichtenden Erbbauzins von drei bis sechs Prozent zeigt sich hier im Verhältnis der große Nachteil. Teilweise kann sich das Erbbaurecht schlussendlich in der Addierung viel teurer als eine Hypothek herausstellen. Zudem wird der Erbbaurechtnehmer niemals Eigentümer und ist der Gefahr ausgesetzt, dass der Erbbaurechtszins über die Jahre durch die Erhöhung des Bodenwertes weiter ansteigt, während der Zinsbetrag für den zu finanzierenden Kaufpreis im Laufe der Zeit abnimmt.

Wie steigt der Wert einer Immobilie üblicherweise? Wenn der Bodenwert mehr steigt, als sich das Gebäude verbraucht. Ergo sorgt das Erbbaurecht langfristig für keinen Wertzuwachs, da der Erbbaurechtnehmer von der Bodenwertsteigerung nicht profitiert, sondern eher belastet wird, wie die eingangs geschilderte Entwicklung in den letzten Jahren nun zeigt.

„Momentan ist die Zeit mit niedrigen Hypothekenzinsen nicht schlecht, den Gemeinden entsprechende Kaufgebote zu machen, um Eigentümer zu werden,“ so Patrick Stöben, geschäftsführender Gesellschafter der OTTO STÖBEN GmbH. „Gerade jetzt sollte man prüfen, ob es sich nicht doch lohnt, das Grundstück zu erwerben und es somit nach Tilgung sein eigen nennen zu können.“