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Immobilienkreditvergabe wird durch neue Richtlinie erschwert

Lars Rosenstein bearbeitetSeit dem 21.03.2016 ist die neue Wohnimmobilienkredit-Versicherungsrichtlinie in Kraft. Mit dieser Richtlinie wurde die Erlaubnispflicht nach § 34 i GewO für die gewerbsmäßige Vermittlung von Immobilien-Verbraucherdarlehen oder entsprechenden entgeltlichen Finanzierungshilfen eingeführt.
Sie bringt somit einige Veränderungen für private Immobilienkäufer mit sich und stellt an die Immobilienkreditvermittler höhere Anforderungen hinsichtlich des Nachweises ihrer Fachkompetenz.
OTTO STÖBEN hat zu diesem Thema den Finanzexperten Lars Rosenstein, Geschäftsführer der FA Finanz GmbH und Leiter des Fachbereichs Baufinanzierung, interviewt.

OTTO STÖBEN: Herr Rosenstein, was genau beinhaltet die im März eingeführte Richtlinie zur Wohnimmobilienkredit-Versicherung?
LARS ROSENSTEIN: Zunächst einmal muss der Vermittler von Immobiliarverbraucherdarlehensverträgen seine Sachkunde in Zukunft nachweisen. Ein neues Merkblatt soll dem Verbraucher mehr Transparenz bieten. Zudem muss dem Kunden eine detaillierte Beratungsdokumentation ausgehändigt werden. Banken müssen zusätzliche Kosten im Rahmen der Abwicklung im Effektivzins einrechnen. Um den Verbraucherschutz zu erhöhen, sind die Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfung gestiegen. Es muss sorgfältig geprüft werden, ob der Antragsteller zahlungsfähig ist. Für die Einschätzung der Kreditwürdigkeit sind alle Umstände zu berücksichtigen. Hierzu sind neben dem aktuellen Einkommen nicht nur die künftig erforderlichen Zahlungen oder Erhöhungen für den Kredit zu berücksichtigen, sondern bei Kreditlaufzeit bis in die Zeit des Ruhestandes auch der Finanzstatus ab dem Renteneintritt.

OTTO STÖBEN: Welche Veränderungen ergeben sich daraus für den Immobilienkäufer?
LARS ROSENSTEIN: Auf den ersten Blick ergeben sich keine Veränderungen. Erst auf den zweiten Blick wird es für den Immobilienkäufer noch komplizierter, Angebote unterschiedlicher Banken miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus wird die Kreditvergabe insgesamt aufwendiger und auch grundsätzlich schwieriger.

OTTO STÖBEN: Wo sehen Sie als Fachmann Vor- und Nachteile für den Immobilienkäufer?
LARS ROSENSTEIN: Die Vorteile liegen für den Immobilienkäufer darin, dass die Qualität der Berater steigen wird und er einen besseren Überblick über „versteckte“ Kosten wie zum Beispiel Provisionen für Berater erhält.
Die Nachteile liegen eindeutig in einer deutlich längeren Bearbeitungszeit und in einer strengeren Kreditvergabe. Der ein oder andere Käufer wird hier in Zukunft durch das Raster fallen, keine Immobilienfinanzierung bekommen und somit kein Immobilienvermögen aufbauen können.

OTTO STÖBEN: Inwiefern müssen sich Immobilienkäufer differenzierter vorbereiten, damit die Immobilienfinanzierung von den Banken abgesegnet wird?
LARS ROSENSTEIN: Neben allen anderen zu erbringenden Nachweisen wie Gehaltsbescheinigung, Ersparnisse und anderen Vermögenswerte sollte der Immobilienkäufer überprüfen, ob er sich seine Finanzierung zum Rentenbeginn noch leisten kann. Der alleinige Nachweis über das aktuelle Gehalt genügt nun nicht mehr, wenn die Kreditlaufzeit bis ins Rentenalter hineinreicht. In Zukunft muss er sowohl seine Rentenbescheide als auch seine private Altersvorsorge offen legen.

OTTO STÖBEN: Wenn die Immobilie nun nicht mehr als alleinige Sicherheit ausreicht - welche Erfahrungen aus ihrer beruflichen Praxis können Sie berichten?
LARS ROSENSTEIN: Auf jeden Fall wird es für etliche Immobilienkäufer in Zukunft schwierig oder gar unmöglich, eine Immobilienfinanzierung zu realisieren, da Banken sehr kritisch mit Ersatzsicherheiten umgehen.
Die Einbindung von Förder-Darlehen, im Speziellen über die Investitionsbank Schleswig Holstein könnte jedoch ab Hilfe schaffen. Hier lohnt es sich, genau zu prüfen, welche Möglichkeiten der Förderung sich für den einzelnen ergeben können.

OTTO STÖBEN: Schnelllebigkeit und Flexibilität ist beim Immobilienkauf ein entscheidendes Kriterium. Wie kann sich ein Käufer effektiv vorbereiten und mit welchen Fristen muss er rechnen?
LARS ROSENSTEIN: Am sinnvollsten ist es, sich bereits vor dem Immobilienerwerb über die Baufinanzierungsmöglichkeiten beraten zu lassen. Da Banken hierzu häufig keine Lust haben, empfiehlt sich ein Gespräch mit einem unabhängigen Berater. Das spart viel Zeit, wenn dann die passende Immobilie gefunden ist und ein Kauf schnell über die Bühne gehen muss.
Vom Zeitpunkt der Antragstellung bis zu Darlehenszusage sollte man immer mit ca. 3 Wochen rechnen. Natürlich gibt es hier bei den Banken gravierende Unterschiede, auch das sollte ein Kriterium bei der Auswahl des geeigneten Finanzierungspartners sein.

OTTO STÖBEN: Was raten Sie Immobilienkäufern bezüglich ihrer Planung zur langfristigen Finanzierung ihres Eigenheimes?
LARS ROSENSTEIN: Zunächst einmal ist es wie schon erwähnt wichtig, sich über die verschiedenen Fördermöglichkeiten zu erkundigen. Aktuell empfiehlt es sich, die Zinsen längerfristig, d.h. mindestens 20 Jahre festzuschreiben, um das Zinsrisiko zu reduzieren.
Des Weiteren sollte immer angestrebt werden, die Erwerbsnebenkosten aus Eigenkapital bedienen zu können. Das erhöht die Erfolgsaussichten für die Finanzierung erheblich.
Ebenso sollte man immer beachten, dass die Kosten der zu finanzierenden Immobilie 40 % des zur Verfügung stehenden Netto-Einkommens nicht übersteigen.
OTTO STÖBEN: Herr Rosenstein, wir danken Ihnen für das Gespräch.